Zitat der Woche Archiv I. Quartal 2024

3.-9. März 2024

"Wie auch immer du handelst:

handle klug und bedenke das Ende."

Gesta Romanorum (um 1330), spätmittelalterliche Exempelsammlung

[orig.: Quidquid agis, prudenter agas et respice finem]

Angeblich treffen wir jeden Tag um die 3.000 Entscheidungen. Manche Forscher nennen eine noch höhere Zahl. Man mag von Schätzungen dieser Art halten, was man will – fest steht: Unser Leben ist eine unendlich verzweigte Ansammlung von Möglichkeiten, zwischen denen wir uns entscheiden müssen. Jede Entscheidung führt zu anderen. Vermeiden lässt sich das nicht, zumindest nicht zu Lebzeiten …

 

Mir persönlich fällt so manche Wahl schwer. Ich brauche eine Richtschnur, die mir zumindest eine grobe Orientierung gibt, nach welchen Kriterien ich handeln soll oder kann. Dieses Zitat hilft mir dabei sehr. Insbesondere der letzte Teil hat es wirklich in sich: „Bedenke das Ende“. Wenn ich mir vorstelle, welche Konsequenzen eine Entscheidung haben kann, und zwar sowohl im allerbesten wie auch im allerschlimmsten Fall, kann ich leichter entscheiden. Dies gilt nicht nur in meinem persönlichen Leben. Wenn Verantwortliche in Politik und Gesellschaft Entscheidungen treffen, kann dies enorme Auswirkungen auf das Leben vieler haben – bis hin zum Atomkrieg, zum Bankencrash oder, um mal ein positives Beispiel zu nennen, zum Fall der Berliner Mauer.

 

Eine gute Übung für das persönliche „Bedenke das Ende“ ist eine Frage, ich sehr gerne im Coaching benutze: Überleg dir mal, wie alt du werden willst. Und jetzt stell dir vor, alles würde in den kommenden Jahren oder auch Jahrzehnten so sein, wie du es dir jetzt wünschst. Ist das wirklich erstrebenswert für dich? Und für die Menschen, mit denen du es zu tun hast? Der Antwort geht oft ein lautes Auflachen voraus.

 

In diesem Sinne wünsche ich uns allen ein gutes Händchen für unsere Entscheidungen und ein ebenso gutes Gespür für deren Konsequenzen.

25.02.-2.03.2024

„Nur jenes Erinnern ist fruchtbar, das zugleich erinnert,

was noch zu tun ist.“

Ernst Bloch (1885 bis 1977), deutscher Philosoph

Unsere viel zitierte, teils gerühmte, teils geschmähte deutsche Erinnerungskultur ist so sehr Teil unserer neueren Geschichte, dass sie zumindest für Menschen in meinem Alter eine Selbstverständlichkeit darstellt. Über Selbstverständlichkeiten denken wir häufig nicht mehr nach. Einerseits ist das gut, denn es bedeutet, dass sie uns buchstäblich in Fleisch und Blut übergegangen sind und einen Teil unserer Existenz ausmachen.

 

Andererseits birgt eine Selbstverständlichkeit auch die Gefahr, ins Beliebige abzugleiten. Sinn- und inhaltsentleert zelebrieren wir sie Jahr für Jahr. Damit verliert sie die Bedeutung und die Wirkmacht, die sie eigentlich haben kann. Das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus, das seit 1996 am Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz am 27. Januar 1945 begangen wird, ist dafür ein gutes Beispiel. Wenn uns das, wessen wir an diesem Tag gedenken, nicht mehr buchstäblich unter die Haut geht, uns im unmittelbaren Sinn zu Be-troffenen macht, verliert dieser Tag seinen Sinn. Und so können wir auch an andere Tage des Gedenkens und des Erinnerns herangehen: mit dem Blick derer, die sich treffen lassen.

 

Ernst Bloch, der sich bis an sein Lebensende dem Vorwurf ausgesetzt sah, die ungeheuerlichen Grausamkeiten Stalins verharmlost und glorifiziert zu haben, weitet diesen Blick aus der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft hinein. Erinnern als solches mag eine Würdigung des Geschehens sein, es hat aber keinen Sinn für die Gegenwart, wenn wir keine Konsequenzen für unsere Zukunft daraus ziehen. Das, „was noch zu tun ist“ erkennen wir an dem, was war. Das gilt für unsere heutige Abwehr jeglicher rechtsextremer und antisemitischer Strömungen genauso wie für Konsequenzen, die wir alle jeweils persönlich aus unserer Lebensgeschichte ziehen sollten – und können. Die Kraft dafür gibt uns der Blick zurück.

18.-24. Februar 2024

„Verbunden
werden auch die Schwachen mächtig.“
Friedrich von Schiller (1759-1805), deutscher Dichter und Historiker

Im Gedenken an Alexej Nawalny (1976 bis 16.02.2024), dessen Leben und Wirken der beste Kommentar ist, den dieses Zitat haben kann.

11.-17. Februar 2024

„Weil es der Gesundheit zuträglich ist, habe ich beschlossen,

glücklich zu sein.“

Voltaire (1694 bis 1778), bürgerlich François-Marie Arouet, französischer Philosoph der Aufklärung

Glück ist kein Schicksal. Es ist eine Entscheidung. Das alte Bonmot „Wenn das Leben dir Zitronen gibt, mach Limonade draus“ stimmt. Es liegt weitestgehend an mir, wie ich mit den Umständen meines Lebens umgehe und was ich daraus mache. Das gilt auch und besonders für furchtbare Schicksalsschläge wie schwerste Erkrankungen oder den Tod von geliebten Menschen. Diese Erlebnisse und Erfahrungen sind wie Ton in meinen Händen, ich kann sie gestalten und formen zu etwas, das künftig zu meinem Leben gehört. Ich kann sie auch zum Feind erklären, sie bekämpfen und mich letztendlich an ihnen abarbeiten. Meine Garantie, dass das der beste Weg zum dauerhaften Unglücklichsein ist!

 

Wenn wir zu einer Haltung kommen, die uns einverstanden sein lässt mit dem, was uns zustößt, bewahren wir die Hoheit über unsere Lebensumstände. Wir können sie nicht immer ändern, wir können uns aber absolut frei dafür entscheiden, wie wir auf sie reagieren und wie wir sie bewerten wollen. Und dann hat Voltaire recht: Mit einer solchen grundsätzlich positiven Sicht auf das eigene Leben und „die Welt“ sind wir nicht nur glücklicher, wir leben auch gesünder.

4.-10. Februar 2024

„Auch braucht der Mensch Ziele, Pläne, Wünsche –

auf diese Ziele hinzuarbeiten, ist oft

ein steiniger Weg.“

Katharina Eisenlöffel (1932-2019), österreichische Schriftstellerin

Haben Sie auch einen heimlichen, bislang unerwünschten Lebenstraum? Ich schon. Seit ich ein kleines Kind war, träume ich davon, einen Roman zu schreiben. In kürzeren oder längeren Abständen meldet sich dieser Traum wieder zur Stelle, fordert mich, reizt mich, lässt mich Ansätze unternehmen, ihn zu verwirklichen. Immer wieder schrecke ich vor den letzten Konsequenzen zurück: mir ausreichend Zeit dafür zu nehmen, Stunden, Tage und Wochen mit Recherche zu verbringen, andere Dinge in der Priorität nach hinten zu stellen und diesen Roman nach vorne.

Wenn ich wirklich eines Tages dieses Buch in der Hand halten möchte, muss ich alles das tun. Und noch mehr: Ich muss bereit sein, Durststrecken zu überstehen, Selbstzweifel, gehobene Augenbrauen von Menschen, die meiner Idee skeptisch gegenüberstehen.

 

So ist das mit allen Dingen, die man wirklich will, sich wünscht, erreichen möchte. Ohne Widerstand – und sei es auch nur innerer Widerstand – wird es nicht gehen. Es ist buchstäblich ein steiniger Weg, wie Katharina Eisenlöffel schreibt. Doch die Steine auf dem Weg lassen sich gelegentlich aufsammeln und zum Baumaterial unserer Ziele machen. Auch das ist letztlich eine Frage der Perspektive.

28. Januar bis 3. Februar 2024

„Egal, wie schwer dein Problem auch ist,

sich am Ellbogen lecken ist schwerer.“

Konfuzius (551 bis 479 v.Chr.), chinesischer Philosoph

PillenAlles ist relativ. Natürlich wissen wir alle das. Niemand aber hat dies auf so unwiderstehliche Art ausgedrückt wie Konfuzius. Gemessen an den Problemen der Welt, angefangen von der Klimakrise über das Erstarken des Rechtsextremismus bis hin zu den aktuellen Kriegsherden, kann es lächerlich klingen, das Lecken eines Ellenbogens in einem Atemzug zu nennen. Aber für jemanden, der dies ernsthaft vorhat, mag sein Vorhaben das schwerere sein. Es ist eben alles eine Frage der Perspektive.

 

Sind die benannten Krisen lösbar? Ja, natürlich sind sie es. Mir hilft es enorm, mit Konfuzius lächelnd und augenzwinkernd ein so albernes „Problem“ gegen die benannten Krisen zu stellen und einen Augenblick lang herzhaft zu lachen.

 

Tun wir nicht so, als wären Kriege, Klima und Extremismus schicksalhaft und unabwendbar. Nein, diese Krisen sind lösbar. Sie gehören mit zu den schwersten Dingen, vor die die Menschheit seit Jahrzehnten gestellt ist, aber sie sind zu bewältigen, wenn wir uns nur anstrengen. Und wenn es uns hilft, durch Lachen neue Kräfte zu mobilisieren – umso besser.

21.-27. Januar 2024

„Die größte Macht der Regierenden

ist die Zustimmung der Regierten.“

Ernst Reinhardt (*1932), Schweizer Publizist und Aphoristiker

Darf ein Zitat der Woche politisch sein? In dieser Zeit sage ich: ja, auf jeden Fall. In dieser Woche bin ich auf das Zitat von Ernst Reinhardt gestoßen, das nur allzu gut zu dem passt, was wir momentan auf unseren Straßen und Plätzen erleben.

 

Die Demonstrationen gegen Rechts und gegen die Deportationsfantasien bestimmter politischer Kreise sind bei weitem nicht automatisch eine Zustimmung zu den jetzigen Regierenden. Sie sind aber ganz klar ein Zeichen dafür, dass die Fantasien jener rechten Kreise auf massiven Widerstand und alles andere als Zustimmung stoßen. Für mich ist das ein machtvolles Zeichen dafür, dass immer mehr Menschen davon ausgehen, dass ihre Stimme wichtig ist und dass es durchaus Sinn macht, sich öffentlich zu zeigen mit dem, was man will – oder eben nicht will. Das ist für mich das tiefste Wesen der Demokratie. Es gibt noch andere Demonstrationen, die mich nicht so uneingeschränkt mit Freude und Zustimmung erfüllen wie manche Demonstrationen gegen notwendige Veränderungen, aber das macht nichts.

 

Wenn die „Regierenden“ grundsätzlich von der Zustimmung einer schweigenden Mehrheit ausgehen, so ist das genauso falsch wie die Überzeugung derer, die nur allzu gerne regieren würden, dass sie die gleiche schweigende Mehrheit hinter sich haben. Nur dann, wenn Menschen laut werden, zeigt sich, wofür sie stehen.

 

Mich erfüllt das mit großer Hoffnung. Wenn die Millionen, die jetzt auf der Straße sind und für eine bunte Gesellschaft demonstrieren, an den anstehenden Wahlen teilnehmen und demokratische Parteien wählen, ist das wunderbar. Dann werden die Zustimmung und der Widerspruch wirklich politisch wirksam.

14.-20. Januar 2023

„Beende jeden Tag mit einer Bilanz.

Werte das erlebte Positive doppelt so hoch

wie das Negative.“

Peter Lauster (*1940), deutscher Autor

Es ist schon wirklich frustrierend! Wenn ich die Nachrichten verfolge, könnte ich meinen, die Welt steht kurz vor dem Abgrund – ob dieser Eindruck stimmt oder nicht, ist dabei fast irrelevant. Fakt ist, dass es mich zunehmend frustriert, dem Tagesgeschehen zu folgen. Auch in meinem persönlichen Umfeld gibt es immer wieder viel Beklagenswertes: Menschen sterben, die mir wichtig sind. Freunde ziehen weg. Die Gesundheit war auch schon mal besser, und komischerweise muss ich mich manchmal zum Arbeiten zwingen, ohne sofort einen Erfolg zu sehen.

 

Ich könnte diese Reihe noch lange fortsetzen. Aber – wozu? Immer wieder mache ich die Erfahrung, dass – ähnlich, wie die Quantenphysik eindrücklich erklärt – die Dinge so sind, wie ich darauf schaue. Wenn ich mit einem negativ gefärbten Blick durch die Welt gehe, ist plötzlich alles schlecht. Wenn ich optimistisch denke und positiv an die Sachen herangehe, entpuppen sie sich gelegentlich als deutlich besser als befürchtet.

 

Vor Jahren habe ich mir, angeregt durch die Empfehlung eines Klienten, angewöhnt, am Abend meine „drei Böhnchen“ des Tages zu finden, also drei besonders positive Erfahrungen, die der zurückliegende Tag mir gebracht hat. Symbolisiert sind diese drei Ereignisse in drei kleinen Bohnen, die ich in den ersten Zeiten tatsächlich in einem Glas auf meinem Schreibtisch stehen hatte und jeden Tag neu und sehr bedacht in das Glas zurückgelegt habe. Am Anfang war es schwer, ausreichend Ereignisse zu identifizieren, die ich den drei Böhnchen zuordnen konnte. Mit der Zeit wurde es leichter, und mittlerweile ist es so, dass mir drei Bohnen meistens nicht ausreichen. Ich sehe also, dass es erstens mehr Gutes gibt, als ich dachte, und zweitens gewöhne ich mir so an, den positiven Dingen mehr Aufmerksamkeit zu widmen als den frustrierenden. So wird zwar nicht unbedingt die Welt eine bessere, aber ich bin weniger frustriert und kann leichter meinen Teil dazu beitragen, dass sie irgendwann doch eine bessere sein wird.

7.-13. Januar 2024

„Sich zu entscheiden bedeutet,

von Altem wirklich zu scheiden

und für Neues bereit zu sein.“

Ute Lauterbach (*1955), deutsche Autorin

 

Scheiden tut weh – so lautet das deutsche Sprichwort, an das ich direkt denken musste, als ich dieses Zitat von Ute Lauterbach las. Ich kann das bestätigen. Es ist schwer, sich von etwas Vertrautem zu lösen. Manchmal ist es sogar leichter, mit dem vertrauten Unglück zu leben als sich auf den Weg zu machen auf der Suche nach dem glücklichen, aber eben unbekannten Neuen.

 

Scheiden ist ein Wort, das ein bisschen aus dem Gebrauch geraten ist. Eigentlich benutzen wir es nur noch für die Trennung von Eheleuten und die dazugehörigen Fachanwälte. An sich beschreibt es einfach nur die Trennung oder Aufteilung von etwas, das zuvor zusammengehört hat.

 

So grundsätzlich anders ist es mit dem Verb entscheiden. Ich schreibe es hier lieber so: Ent-scheiden. Das bedeutet, etwas zu ergreifen und etwas anderes dafür loszulassen. Ent-scheiden kann ich mich nur zwischen Alternativen – beim Scheiden brauche ich grundsätzlich nicht wirklich eine Alternative. Eine Erfahrung, die wir Menschen ständig machen. Ich muss mich also zunächst gegen etwas entscheiden, bevor ich mich für etwas anderes entscheide: einen Beruf (und nicht einen anderen), einen Partner (und nicht einen beliebigen anderen).

 

In diesem Sinne wünsche ich uns allen in diesem noch neuen, möglicherweise schwierigen Jahr gute Entscheidungen!

31. Dezember 2023 bis 6. Januar 2024

„Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit.

Und neues Leben blüht aus den Ruinen.“

Friedrich von Schiller (1759 bis 1805), deutscher Dichter

 

Zugegeben: Die Sprache von Friedrich von Schiller ist nicht mehr die unserer Zeit, aber was er sagt, passt perfekt zu unserem Empfinden. Ich kenne viele Menschen, die heilfroh sind, dass das zu Ende gehende Jahr bald der Geschichte angehört und etwas Neues beginnt. Etwas Neues – das ist immer eine Verheißung, ein Versprechen, eine Hoffnung, die erst einmal eingelöst werden muss. Schiller macht es klug. Er behauptet einfach: Etwas geht zu Ende, und etwas Neues (gemeint ist: etwas Besseres) beginnt. Sein Satz ist ein Indikativ, kein Konjunktiv und schon gar nicht nur ein frommer Wunsch. So ist es, das ist die Aussage.

 

Das „neue Leben“ ist dabei, so stelle ich es mir vor, etwas Frisches und Grünes, noch Undefiniertes und Offenes. Ich habe bestimmte Vorstellungen, welches „neue Leben“ dieses kommende Jahr für mich bringen soll. Ob das so wird, weiß ich natürlich nicht. Aber es wird ganz sicher etwas Neues und noch nie Dagewesenes sein. Darauf freue ich mich. Und was auch immer Sie als Leserin oder Leser sich von diesem neuen Jahr versprechen: ich wünsche es Ihnen von Herzen. Auf ein gutes 2024!

Kontakt und Terminvereinbarung

stand op! Praxis für Veränderungsprozesse

Dr. Annette Standop
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